Eigentlich waren wir ja auf dem Weg zum Helenesee, darüber habe ich bereits berichtet, als uns durch Zufall ein Hinweisschild „Kloster Neuzelle“ am Straßenrand auffiel. Als alte Kloster-Fans weckte dieses natürlich unser Interesse. Schnell die wichtigsten Eckdaten gegoogelt und die genaue Lage des Klosters gescheckt. Entscheidung war klar, wenn wir schon einmal in der Gegend sind, dann statten wir dem Kloster Neuzelle auch einen Besuch ab.

Neuzelle liegt unlängst, um genau zu sein, rund acht Kilometer südlich von Eisenhüttenstadt – die Eisenmetropole der ehemaligen DDR. Erst in den 1950’er Jahren wurde das heutige Eisenhüttenstadt quasi aus dem Boden gestampft. Hierzu wurden die beiden Orte Fürstenberg (Oder) und Stalinstadt kurzer Hand zusammengelegt und der stalinistische Einfluss ist auch überall erkennbar. Fast hat man das Gefühl, man biegt an jeder Straßenecke in die Karl-Marx-Allee von Berlin – wie in einem unendlichen Labyrinth. Ansonsten ist Eisenhüttenstadt eher trostlos und irgendwie verlassen. In jedem zweiten Schaufenster klebt ein Schild – zu vermieten oder die gesamten Häuser sind schlichtweg unbewohnt.

Hat man nun Eisenhüttenstadt hinter sich gelassen, fährt man über eine kleine Bergkuppel direkt in den Ort Neuzelle und das Panorama mit dem beeindruckenden Kloster ist wirklich toll. Prächtig erhebt sich die Klosteranlage über den Ort und die Sonne reflektiert sich in den Barocken-Stil-Elementen aus Bronze und Gold. Sehr herrschaftlich. Das kleine Dorf mit seinen rund 2.000 Einwohnern ist überschaubar und ähnelt aufgrund der Hanglage fast einem Dorf in den Bergen. Die Häuser sind zum größten Teil liebevoll restauriert und gut erhalten, nicht umsonst trägt Neuzelle den offiziellen Titel als staatlich anerkannter Erholungsort.

Das Kloster Neuzelle ist eine ehemalige Zisterzienserabtei aus dem 13. Jahrhundert und wurde als letztes Kloster von Deutschland säkularisiert. Als Säkularisation wird die Übereignung von kirchlichem Besitz in die Hand des Staates bezeichnet. Der gesamte Klosterbesitz wurde Anfang des 13. Jahrhunderts auf einem sogenannten Bergsporn errichtet, auf dem durch Abtragung von Gestein ein Plateau geschaffen wurde. Ursprünglich wurde die dreischiffige Hallenkirche in der für die Region typischen Backsteinbauweise errichtet. Im Dreißigjährigen Krieg wurde das Kloster Neuzelle stark beschädigt und erst zwei Jahre nach dem Westfälischen Frieden kehrten die Mönche Mitte des 17. Jahrhunderts ins Kloster zurück. Der damalige Abt Bernards ließ beim Wiederaufbau der Anlage die Gebäude durch einen italienischen Künstler mit vielerlei Fresken und Stuckaturen versehen. Fortan wurde die Klosteranlage Neuzelle im Barock-Stil sukzessive umgebaut. Zur gesamten Anlage gehört ein barocker Klostergarten in Terassenform, die Orangerie, ein ehemaliges Brunnenhaus, die Stiftskanzlei, eine Sommerabtei und diverse Wirtschaftsgebäude. Ebenfalls ist die Klausur mit vier Kreuzgängen fast vollständig erhalten. Der überwiegende Teil der Anlage stammt aus der Zeit des Barock und die Klosterkirche Neuzelle gehört zu den bedeutesten Sakralbauten der Niederlausitz. Sehr beeindruckend. Leider konnten wir die Klosterkirche nur von außen betrachten, doch der Blick durch die verstaubten Fenster gab uns einen kleinen Eindruck über die Schönheit der Kirche. Unbedingt einen Besuch wert und meine ganz persönliche Empfehlung.

Zum Kloster Neuzelle gehört ebenfalls eine Klosterbrauerei. Der Ursprung der Klosterbrauerei Neuzelle geht bis ins 16. Jahrhundert zurück. Im 19. Jahrhundert brannte die Klosterbrauerei bei einem Großfeuer vollständig nieder und wurde über zehn Jahre später an ihrem heutigen Standort neuaufgebaut. Heute ist die Brauerei im Besitz der Klosterbrauerei Neuzelle GmbH und braut im Jahr rund 40.000 Hektoliter Bier. Vorrangig werden hier Spezialitäten wie Schwarzbier, Potter, Bock- und Kirschbier hergestellt, aber auch eine kleine Schnapsbrennerei gehört zur heutigen Klosterbrauerei. Täglich werden vier Brauereibesichtigungen mit Voranmeldung angeboten. Die genauen Details findet Ihr hier.

Wir waren nun vom ganzen Kloster-Sightseeing hungrig geworden und da lag es nahe, in der Klosterklause Neuzelle einzukehren um einen Happen zu essen.  Die Klosterklause ist ein kleines Restaurant zwischen der eigentlichen Klosteranlage und der Klosterbrauerei mit Blick auf dem Klostersee Neuzelle. Beim Betreten der Klosterklause kam auf den ersten Blick etwas Entäuschung auf. Die Einrichtung ist eher einfach und der Service ebenfalls. Das Speisangebot umfasst das Who-is-Who der deutschen Gerichte – ein kleinwenig langweilig für eine Klosterklause. Doch manchmal trügt der erste Eindruck. Bei den Spezialitäten des Hauses sind wir dann fündig geworden: Neuzeller Mönchrolle – ein Wildschweinbraten mit Kräuter-Pilz-Füllung und Kartoffelkößen. Sepzialität Nummer Zwei – Neuzeller Schwarzbierbraten, Schweinekeule an Biersoße mit Sauerkraut und Semmelknödel. Beide Gerichte waren ausgesprochen lecker – vorzüglich.

Zum Schluss haben wir noch einen kleinen Abstecher in den Klosterladen gemacht und uns eins, zwei Bier und einen Klosterschnaps – der es in sich hat – mitgenommen.

Wie man am schnellsten nach Neuzelle kommt: Mit dem Auto über die A12 bis zur Ausfahrt 9 / Frankfurt (Oder)-Süd, weiter auf der B112 durch Eisenhüttenstadt bis Neuzelle fahren. Die Fahrt dauert gute 1 1/2 Stunden. Unser musikalischer Tipp für diesen Trip: Paul Kalkbrenner und The Notwist.

Die Bahnfahrt ist nach Neuzelle ebenfalls entspannt. Es gibt eine direkte Bahnverbindung von Berlin nach Neuzelle. Die Fahrt dauert 2 Stunden und die Züge verkehren in der Regel stündlich. Vom Bahnhof sind es dann nur noch 10 Minuten zu Fuss zur Klosteranlage Neuzelle.

Quellen: Klosterbrauerei Neuzelle, Wikipedia, Webseite Neuzelle

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